DISCLAIMER: Dit is jetz eher so ne persönliche Einschätzung, wa.
VauZweirad tweetete letzens einen Post von Risk’n’Ride zum Thema Vater/Eltern sein und (trotzdem) Mopped fahren.
Und ich dachte: „Nee Quatsch, klar willste am Leben bleiben!“. Und der Tenor zog sich für mich so ein bisschen durch den Post und dann wurde der Gedanke zu lang für 140 Zeichen.
Vorweg: Der Risk’n’Ride-Dieter hat durchaus Recht damit, dass die Geburt eines Kindes kein Grund ist, das Moppedfahren an den Nagel zu hängen. Ich bin der letzte, der das bestreiten würde oder könnte, das Kind und der Schein für Moppeds > 125ccm/11kW sind nahezu gleich alt. BTW: Ich habe bisher noch niemanden sagen hören „Ich bin $Elternteil geworden, deswegen fahre ich nicht mehr mit dem Roller zur Arbeit“. Und persönlich halte ich ja meinen Roller für gefährlicher als mein Motorrad. Aber das a) nur am Rande und b) wird das ja vielleicht in der Rollercommunity genau so heiß diskutiert und ich lese das nur einfach nicht. Wie auch immer.
Der Autor des Risk’n’Ride-Posts schrieb jedenfalls:
„so vergessen wir bei all dem „am Leben bleiben“ auf das was wirklich zählt, nämlich lebendig zu sein.“
Auch wenn mir durchaus klar ist, dass für den Autor das „am Leben bleiben“ gleichbedeutend ist mit bloßem vegetieren, so kann ich durchaus ohne Mopped noch lebendig sein. War ich vorher auch. Ich stimme zu, dass die reine Existenz nicht genug ist, lebendig seinsich lebendig zu fühlen ist recht essenziell für die Zufriedenheit (derbes #firstworldproblem, btw). Aber es gibt echt viele Möglichkeiten lebendig zu sein und Moppedfahren ist nur eine davon. Wenn der persönliche Risikodetektor „untragbar“ vermeldet, lässt man es halt bleiben. Zu pragmatisch? Ich meine das so, obwohl ich, wie gesagt, Motorrad fahren wollte, so lange ich denken kann. Was allerdings wahr ist: fast keine der Alternativen ist ganz ohne Risiko. Ich kann aktuell Dingen wie Dioramenbau oder Elektronikfrickelei um der Frickelei Willen nicht so viel Befriedigung abgewinnen, auch wenn ich verstehen kann, wenn das jemanden ausfüllt. Also wähle jeder seinen eigenen Untergang und bedenke dabei: die meisten Unfälle passieren im Haushalt. ;) (Hat eigentlich mal jemand eine Quelle für die Aussage?)
Aber zurück in den Kontext, in dem die Aussage („lebendig sein“) steht. Es geht ja darum, ob man den großen, benzinverschlingenden Quell der Freude für den kleinen, pupsenden Quell viel größerer Freude aufgeben muss. Ich war habe mir echt viele Gedanken darüber gemacht, ob es so eine schlaue Idee ist, quasi zur Geburt die Leistungsklasse aufzustocken. Die Hebamme, die unseren Geburtsvorbereitungskurs hielt, fuhr, d.h. fährt hoffentlich immer noch, eine Duc, wie sie mal im Nebensatz erwähnte. Ich fragte sie dann natürlich irgendwann auch, wie sie das gehandhabt hätte, mit Kindern und dem Moppedfahren. Erwartet hatte ich eine Antwort in Richtung von „ja, ich habe schon drüber nachgedacht, das Mopped (erstmal) aufzugeben“ oder ein kämpferisches „das ist mein Leben, dazu gehören Kinder und Moppeds!“. Was sie sagte war: „Naja, seit der X alt genug ist, fährt der bei mir hinten drauf mit. Auch lange Strecken, nach Italien und so. Ich trage dann so einen Hüftgurt mit zwei Griffen, damit er sich besser festhalten kann. Wenn ich merke dass er einschläft, machen wir Pause.“ Merkt ihr was?
Ich denke es ist gut und richtig und notwendig, sich seiner Verantwortung für seine Familie bewusst zu sein, aber ab und zu sollte man einen großen Schluck aus der Pragmatik-Pulle nehmen. Ich fahre nicht um zu sterben. Ich fahre um zu fahren und ich vergesse dabei nie, dass ich Vater bin. Das vergesse ich ja sonst auch nicht. Außerdem wär’s kacke, wenn ich heute zum letzten mal führe, weshalb ich auch so fahre, dass ich nach Möglichkeit morgen wieder fahren kann.
Soviel zum lebendig sein. Unterschrift mit Vorbehalten. Was für mich überhaupt keinen Sinn macht ist die folgende Aussage:
Zweiradabstinenz und Lebensversicherung sind keine Lösungen für motorradfahrende Familienväter
Ist das ein umgekehrtes „es gibt kein Richtig im Falschen“? Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Was spricht gegen eine Lebensversicherung, abgesehen von der Tatsache, dass man hoffentlich verdammt viel Geld zum Fenster rauswirft? So eine Lebensversicherung hat jetzt mal in erster Linie etwas mit Familie haben zu tun und erst sekundär mit dem Mopped. Etwas so verdammt bürgerliches wie eine Lebensversicherung mit hart verdientem Geld zu füttern ist keine Frage von lebendig sein, sondern von Verantwortung übernehmen für die, die ökonomisch vom eigenen Einkommen abhängen. Kinder zu haben macht unflexibler auf dem Arbeitsmarkt (wenn die Kindheit nicht kacke sein soll), eine Lebensversicherung ist ein reines kleines Kompensationsinstrument. Fragt mal Leute, die als Jugendliche einen (verdienenden) Elternteil verloren haben, wie das so war, dass man nicht nur mit dem Verlust klar kommen musste, sondern die eigene, finanzielle Existenz plötzlich auf wackeligen Beinen steht. Für die Begünstigten einer sinnvoll dimensionierten Lebensversicherung ist die Situation immer noch kacke, aber das Problem mit dem „können wir die Wohnung/das Haus/ … und unseren Lebensstandard halten?“ ist immerhin für die erste Zeit vom Tisch. Kurz: so eine Lebensversicherung hat mit meinem Leben exakt Null zu tun, abgesehen davon, dass mein Lebensende die Ausschüttung triggert. Pragmatik-Pulle und so.
Völlig unabhängig von dem Risk’n’Ride-Post habe ich heute das Folgende gelesen:
Motorcycling is not, of itself, inherently dangerous. It is, however, extremely unforgiving of inattention, ignorance, incompetence or stupidity.
Yep. Stimmt so. Teilweise. Leider ist motorcycling auch extremely unforgiving of other drivers inattention, ignorance, incompetence or stupidity. Not to forget maliciousness (I’m looking at you, S-Klasse, die die Rettungsgasse zumacht, damit ich nicht vorbei kann!). Und jetzt sind wir wirklich beim Risiko angekommen. Und die Rechnung muss am Ende jeder für sich selbst aufmachen.