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Honda SH 125 (JF09) mit weiß lackiertem Kühlergrill und Tagfahrlicht

Der Honda SH war mein Wiedereinstieg in den motorisierten Zweiradverkehr und gehörte davor einem sehr dicken Menschen aus Düsseldorf, dem ich ein bisschen zu viel Geld dafür gegeben habe, weil ich es nicht besser wusste. Ich habe ihn gekauft, weil er 16″ Räder hat statt der 12″-Dinger, die man hier auch mal gut in einem Schlagloch verstecken kann, weil ich nicht sitzen muss wie der sprichwörtliche Affe auf dem Schleifstein und weil der Bradl Max damals sagte, dass der kleine SH eine zuverlässige Angelegenheit sei.

Und ungefähr alle zwei Tage überlege ich den Roller ab- und ein zweites Mopped anzuschaffen. Und mache es doch nicht. Die Gründe dafür sind fürchterlich pragmatisch:

Erstens. Winterzeit ist Rollerzeit: Am Honda SH ist so viel Plastik, dass das Salz auf den Straßen im Winter deutlich weniger Angriffsfläche hat, als an meinem Mopped. Das macht die Sache recht pflegeleicht.

Zweitens. Topcase: ich möchte kein Topcase am Mopped. Ich finde das nicht ansprechend. Ich kann der Ästhetik moderner Roller aber eh nur bedingt viel abgewinnen, da stört dann auch das Topcase nicht mehr. Und es ist praktisch! Es passen wahlweise mehrere Pizzen, ein halbwegs vollständiger Wocheneinkauf oder eine vollständige Businesskasperverkleidung nebst technischem Beiwerk hinein.

Drittens. Das Ding ist zuverlässig. Hätte es einen Kickstarter, würde ich fast sagen: liegenbleibesicher. Ohne jetzt irgendetwas beschwören zu wollen. Die einzigen defekten Teile waren bisher der E-Starter drei Wochen nach Kauf, (machste leider nix, kann mal vorkommen nach 11 Jahren) und der rechte Spiegel, dessen Kugelgelenk der Rost geholt und weg gefressen hat (stand beim Vorbesitzer unabgedeckt im Freien). Ansonsten hat der Roller den Wartungsstau des Vorbesitzers bisher folgenlos überstanden. Ich erwarte, dass das Benzin unbezahlbar teuer wird, bevor der Roller verschleißtechnisch das zeitliche segnet, solange ich auch nur halbwegs nett zum Motor bin.

Viertens. Geringe Unterhaltskosten: Der SH hat nominell einen Verbrauch von unter 3L/100km. Ich liege meistens etwas drüber. Davon ab ist die Versicherung günstig, weil es nicht unbedingt ein Kinderroller ist, und die regelmäßig anfallenden Posten sind übersichtlich: 0,9L Öl alle 4000km (oder einmal im Jahr), kein Ölfilter, nur ein Sieb, nach zwei Jahren jetzt mal eine Zündkerze, ein Luftfilter, etwas Kühlmittel, demnächst vermutlich ein Riemen etc.

Fünftens. Saubere Füße: Klingt komisch, ist aber ein extrem gutes Argument für Roller im Allgemeinen. Ich fahre gefühlt gerade nur im Regen oder zumindest auf nasser Straße und ich habe nicht immer am Zielort Gelegenheit die Schuhe zu wechseln oder zu putzen. Muss ich auch nicht, das Teil hat ja einen durchgängigen Boden und ein Beinschild — alles safe. Der Rest von mir steckt derzeit eh in Jacke und Überhose.

Fazit: Ich mag den Roller nicht unbedingt, aber ich weiss ihn sehr zu schätzen. Und: der SH mag zwar nur ein Durchstiegsmotorrad sein und mir fehlt beim Fahren die enge Verbindung zum Fahrzeug, die mir die Knie am Tankan der Tankattrappe geben, aber er sorgt jeden Tag und bei nahezu jedem Wetter nach der Arbeit dafür, dass mein Kopf nach dem Absteigen freier ist, als vor dem Aufsteigen. Und das möchte ich nicht missen.

Würde ich den SH abschaffen? Ja, aber vermutlich nur für einen C1 200 Williams, einen C evolution, oder möglicherweise einen SH 300 mit ABS und etwas mehr Leistung. ABS ist sehr gut, aber stupide altmodische Technik ist auch sehr gut. Jedenfalls: ein Roller bleibt. Außer: meine Pedelstrecke ändert sich signifikant, hin zu nur noch einem geringen Anteil Stadtverkehr bei deutlich weiterer Strecke. Aber dann ist das die kleinste Änderung.