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BMW, C evolution, Roller, Test
Erinnert sich jemand an den eher sehr so geht-so-lustigen Gary Larson-Cartoon mit dem extrem breitbeinig stehenden Cowboy, der von seinen Kollegen vor dem Saloon sinngemäß gefragt wird „Hey Bob, ist das dein Pferd an dem das Kind da rumfummelt?“ – im Hintergrund sind mehrere Pferde zu sehen, eines ist — you guessed it — verdammt breit. Seit ich im September BMWs C evolution fahren durfte, weiß in etwa, wie es Bob mit seinem Gaul so geht musste.
Denn der erste Eindruck: das Ding ist breit. Nun hatte ich bei der Erstbesteigung auch ordentliche Stiefel an, denn ich hatte gerade das Mopped in fremde Schrauberhände gegeben. Der C evolution war für 1,5 Tage mein Austauschfahrzeug. Die Scarver machte zu dem Zeitpunkt die erste von zwei Runden durch die BMW-Werkstatt, wegen lieber fahren als schrauben in der gerade brachial knappen Freizeit, und den Großbreitundschwerroller durfte ich erstmal mitnehmen.
Jup, der C evolution ist ordentlich dicker Brocken. Der Großteil der 265kg liegen vermutlich im Akkupack und selbiges ist auch der Grund für die mangelnde Fußfreiheit — der Tunnel geht in der Mitte durch, ähnlich wie bei Hondas Integra. Wenn die Fuhre aber erstmal läuft, spürt man nichts mehr von dem Gewicht, das der E-Motor mit 15kW Nennleistung gerade durch die Gegend schieben muss. Und das macht er verdammt gut. Die Beschleunigung von 0 auf 60 oder 70 ist erheblich großartig, der Soundeffekt dabei stammt von einer anfahrenden Straßenbahn. E-Motor halt. Spitzenleistung über 200% der Nennleistung, satte 35kW. Ein ballistisches Geschoss für den Berufspendler, zu fahren ab 16 Jahren mit dem A1-Schein. Bäm!
Macht das Spaß? Ja, auf jeden Fall! Ist der C evolution die ultima ratio des Zweiradpendlers? Fast. Der Wetterschutz ist unter aller Kanone. Ich bin direkt auf dem Rückweg von der Niederlassung in einen ordentlichen Regen gekommen und an kann es auf dem Bild ganz gut erkennen: Die vordere Ecke der Sitzbank ist nass. Richtig gefolgert: der Schritt des Fahrers auch, genau wie die Innenseite der Beine von den Knien aufwärts und alles oberhalb des Hosenbundes. Nur, dass meine Jacke wohlgefettet war und nichts durchgelassen hat, die Hose schon. Mit dem Honda SH wäre das so nicht passiert, aber der kostet ja auch neu nur ca. ein Drittel des Elektro-BMWs. Geht aber auch nicht so ab.
Denn hier endet auch die fahrzeugspezifische Kritik am C evolution. Der Rest der Kritik ist generisch und eigentlich mehr nur eine Feststellung: Nur wenige E-Fahrzeuge kommen mehr als 100 bis 200 km. Bei mir und dem Elektro-C wäre nach knapp 100km Schluss gewesen, knappe 90 davon habe ich genutzt — ohne mich in meinem doch eher sportlichen Fahrstil wirklich einzuschränken. Anders wäre auch zu schade, denn der Rest des C evolution macht Laune. Sehr. Da ich nicht bei einem Probefahr-Event irgendwo in einem netten Mopetenbiotop war, sondern das Ding morgens mit zur Arbeit und abends wieder mit nach Hause fahren konnte, konnte ich den Roller in meinem realen Einsatzszenario fahren. Ich habe den schönen Weg zur Arbeit genommen.
Wie sich der C evolution leichtfüßig und mit präzise dosierbarer, stets vorhandener Leistung durch die Kurven zirkeln lässt, ist pures Vergnügen. Das Fahrwerk fühlt sich wundervoll präzise an, kein Vergleich zu dem, was man sonst schonmal auf einem Roller erlebt. Auf der Gerade zieht der C evolution ordentlich an, die Antischlupfregelung ist auch nur durch das Gefühl vollständiger Berechenbarkeit wahrnehmbar. Das einzige Mal, dass der Roller hinten etwas bockte, war im dynamic Fahrmodus auf einem nassen Bitumenstreifen, als ich recht kräftig am Gas zogam Poti drehte, weil die Straße gerade so schön frei war. Ein kurzes Durchdrehen des Hinterrads, leichtes Schwänzeln, direkt wieder eingefangen von der Elektronik, alles harmlos. Viel wichtiger ist, dass die Motorbremse, also der mechanische Widerstand des Motors beim Rekuperieren (also im Generatorbetrieb), noch unmerklicher arbeitet, als das ABS. Und das ist wirklich gut so, denn wäre es anders würde man im trockenen die ganze Zeit schwarze Striche auf den Asphalt malen und im Nassen würde sehr oft das Hinterrad ausbrechen. Denn: im Dynamic Mode verzögert der Motor so sehr, dass man a) ein wenig Feingefühl im Handgelenk braucht, damit es nicht ruckelig wird und b) die Bremse nur im Notfall. Normales Fahren, Verzögern, Anpassen der Geschwindigkeit an den Rest der Fahrzeugschlange: alles mit rechts, ohne jemals einen Hebel anzufassen. Bequem.
Was nicht bequem ist: bei auch nur geringster Vorwärtsbewegung und auch nur geringstem Lenkwinkel hart die Vorderradbremse zu ziehen. Das kippt. Logisch, ich weiss. Passiert mir trotzdem immer wieder mal beim rangieren. Jedenfalls: die Fuhre will dann ziemlich nachdrücklich das schöne weiß-grüne Klein am Boden kaputtrubbeln. Für euch beim Fotostop angetestet und gerade nochmal aufgefangen bekommen. Danach zieht es etwas länger im Arm.
Ansonsten: Rückwärtsgang: Jup, das ist gut. Man will 265kg nicht über die kleinste Schwelle bugsieren müssen. Rückwärts in die Garage einparken ist motoruntestützt allerdings recht komfortabel.
Stauraum: geht so. Das Fach unter dem Sitz ist nur das Fach unter der Soziusbank. Der Rest der Sitzbank ist fest, im Zweifel sind darunter also Akkus. Im Staufach lag bei mir ein Ladekabel für SchuKostecker. Damit laden sich die 8kWh des Fahrakkus über Nacht bequem wieder voll. Wenn es schneller sein soll: Fahrzeugseitig ist ein Typ2-Stecker verbaut, wie man ihn inzwischen an fast jeder Ladesäule findet. Während das Fahrzeug läd, ist der Stecker übrigens nicht mit dem Fahrzeug verriegelt, wie das bei manchen Elektroautos der Fall ist. Jeder Troll kann also das Kabel abziehen und u.U. mitnehmen, falls die Ladesäulenseite auch nicht verriegelt ist. Das ist im Zweifel nicht nur teuer, sondern auch extrem ärgerlich, wenn man mit einem vollen Akku gerechnet hat und einen (halb-)leeren vorfindet. Aber das mit dem E-Fahrzeugfahrer trollen wird sowieso nochmal lustig, wenn diverse Infrastrukturprovider nicht mal den Unterschied zwischen Safety und Security lernen. Aber solche traurigen Geschichten möchte ich hier gar nicht erzählen.
BMW erwartet anscheinend, dass man seinen C evolution primär in einer kontrollierten Umgebung läd. Und grundsätzlich kann das auch hinkommen. Die Batterie reichte für das Äquivalent von 2mal zur Arbeit und zurück. Die Nacht über laden, morgens alles wieder frisch. Touren fahren: vermutlich könnte man es auf dem Sitz schon ein bisschen aushalten. Die Litiumverbindungen unter dem Sitz sind halt das limitierende Element. Daher: Pendlerfahrzeug. Ein verdammt großartig zu fahrendes Pendlerfahrzeug, nur quasi ohne den Wetterschutz eines Rollers. Das ist schade, denn zwischen den Beinen fühlt es sich halt wie ein Roller an, nicht wie ein Mopped. Ein guter Roller, aber eben ein Roller. Und bei dem Gefühl will ich wenigstens trocken bleiben.
Wieder was dazu gelernt! Haben will? Eher nicht….
… aber ich freue mich schon sehr auf die Fortschritte des E-Antriebs/der Batterietechnik. Das macht halt schon ziemlich Spaß. Ich muss mal eine aktuelle Zero DS fahren, glaube ich.