Irgendwann Anfang Juni:
Bevor ich das erste Mal auf die Scarver gestiegen bin, hat mir ein sehr geschätzer Mensch mit viel Fahrerfahrung ein Versprechen abgerungen: die ersten zehn Fahrten immer 20km/h unter dem zu bleiben, was auf dem Schild steht. Der Schleicher-Hasser in mir hat an der Stelle nachverhandelt: Stadt: genau was auf dem Schild steht; Autobahn: genau was auf dem Schild steht und wenn dort nichts steht, V_max = 120km/h. Da mir die Motivation für diese Ansage klar war, hab ichs dann versprochen und auch gehalten, obwohl es ab ca. der sechsten Fahrt unglaublich schwer fiel. Ich bin sonst nicht der langsame Typ vorne in der Schlange. Falls erzwungenermaßen doch, winke ich vorbei oder fahr kurz rechts ran.
Die erste Fahrt führte abends direkt ins nächste Industriegebiet — von selbigen herrscht hier ja kein Mangel. Verlassenen großen Parkplatz gesucht und gefunden und dann erstmal geschaut, wie sich das Mopped so verhält. Ich habe das eigentlich bisher mit jedem meiner motorisierten Untersätze gemacht, es verhilft mir zu einem gewissen Grundvertrauen gegenüber dem Fahrzeug. Ich fahre dann so das übliche: Vollbremsung aus 30, 50, soviel-wie-auf-dem-Parkplatz-halt-geht km/h, Schrittgeschwindigkeit, möglichst eng wenden ohne Fuß auf den Boden etc. Diesmal war es eine doppelte Premiere, denn ABS am Mopped war was neues. Also fröhlich rein in den Regelbereich. Zwischenfazit: hinten irgendwie schade, vorne ganz schön praktisch. Dann noch ein bisschen in der Gegend rumfahren und gut fürs erste. 24kW mehr als bisher sind jedenfalls sehr nett.
Meine erste etwas größere Runde kündigte ich mit den Worten „ich fahr‘ mal Bier holen“ an. In Lüdenscheid gibts handwerklich gebrautes Bier in bayerisch anmutenden Portionen (Literflasche) und auf dem Weg dorthin ein paar ganz nette Kurven.

GmBh nach Lüdenscheid

Zwischen Ruhrgebiet und Sauerland

Success! 2L Medardusbräu
Auf dem Rückweg dachte ich den schlauen Gedanken „Hm, ist schon was spät, fährste kurz über die Autobahn zurück“ und schaute dabei nicht auf die Uhr. Ergebnis: gut den Feierabendabendstau auf der A45 erwischt. Und dann fings an zu schütten wie aus Eimern. Dabei gelernt: 1. Im Stau regnets hinten in den Kragen, 2. kein spurwechselder Dosenfahrer sieht im Augenwinkel den Typen in der grauen Kombi, 3. die fancy Hydrophobierung besagter Atlantis3-Kombi, die ich ich für recht wenig Geld in der Bucht geschossen hatte, funktioniert teilweise sogar noch, 4. nach einer guten Stunde stop & go im Regen ist „teilweise“ nicht genug und wenn der Stau vorbei ist, ist nasses Leder janz schön kalt. Gar nicht mal so geil.

Suddenly Pisswetter

Sorpetal. Nette Kurven, bei guten Wetter leider nur in Kolonne hinter gelb-schwarzen Kennzeichen zu befahren.
Am nächsten Sonntag gings dann für einige Zeit ins Sauerland. HSK, as in: Hat Schöne Kurven. Für die erste etwas längere Strecke liefs doch ganz zügig und weil es Fahrt 8 war, habe ich auf der Landstraße brav Leute vorbei gewunken, die schneller waren, als ich. Am nächsten Tag hatte ich ein Fahrsicherheitstraining in Olpe gebucht, weil man in der Fahrschule ja nicht wirklich fahren lernt, sondern primär Verkehrsregeln und so den Kopf zu drehen, dass es der Prüfer auch wahrnimmt. Wie erwartet habe ich auch beim Fahrsicherheitstraining nicht fahren gelernt, aber es hat doch zu einer steileren Lernkurve geführt, denke ich. Mit meinen ganzen 600 abgespulten Kilometern war ich jedenfalls der mit der wenigsten Fahrerfahrung auf einem großen Mopped. Wobei, vielleicht auch nicht: Den Midlife crisis-Typen mit der am Vortag erworbenen F800GS mit der Akrapovic-Flüstertüte und der nagelneuen BMW GS Dry-Jacke mit den Riesenlogos zu Jeans und Mesh-Nikes hat einfach keiner gefragt, glaube ich.
Ein Training würde ich wieder machen, wenn auch dann gerne auf einer größeren Anlage. Aber da man Fahren nur durch fahren lernt, hab ich das dann mal fleißig gemacht. Wenn das Wetter nicht ganz so brilliant ist, sind so selbst populäre Strecken wie Bad Berleburg—Rhein-Weser-Turm quasi leer.

Am Rhein-Weser-Turm. Hätte ich Nebels am Mopped, hätte ich sie anmachen dürfen. Weiter unten im Tal war es besser.

Innenansicht
Für Sonnentage gibt es zum Glück genügend andere schöne Strecken, die nur teilweise im Sauerland-Roadbook auftauchen und auf denen sich ein Mopped-Noob wie ich weitestgehend alleine austoben kann.



Hübsch hier
Während ich Ende 2012/Anfang 2013 so hin und her überlegt habe, ob ich das Geld für Schein und Mopped ausgeben will, habe ich einen guten Kumpel beständig damit vollgequatscht, getreu dem im politischen Tagesgeschäft beliebten Motto „Woher soll ich wissen, was ich denke, bevor ich höre was ich sage?“. Irgendwann formulierte er die folgenschweren Worte „Du Arsch, jetzt hast du mich solange mit Motorrädern vollgelabert, dass ich auch wieder voll Bock drauf hab“. Sprachs und haute ein paar Wochen später signifikante Teile seines Ersparten für eine, zugegebenermaßen sehr hübsche, Guzzi auf den Kopf. Schein hatte er, war aber bis dato nie gefahren. Haben wir dann mal geändert.

Guzzi und Scarver auf dem Kahlen Asten (totgefiltert)