Entgegen des Blognamens ist der Roller ja mein Arbeitstier für alle Fälle, weshalb ich mich insgeheim gefreut habe, das Honda bei den Pressetagen so viele davon hingestellt hat. Ich muss jedoch auch gestehen, dass sich mir die Modellunterschiede nicht endgültig erschließen. Die technische Basis ist z.B. bei den 125ern einer Generation so ähnlich, dass man die Unterschiede jenseits des Designs des Plastikkleidchens zwischen Vision, PCX, SH, SH mode etc. schon suchen muss. Das gilt sogar über SH-Fahrzeuggenerationen hinweg und ist vom Standpunkt der Zuverlässigkeit auf jeden Fall zu begrüßen. Mein SH 125 JF09 hat mich bisher genau einmal im Stich gelassen (Anlasser), weshalb ich mich eigentlich an jedem Automatikgefährt einen Kickstarter oder meinetwegen eine Kurbel zum Anstecken wünsche. Aber sonst ist da auch nichts dran. Die Wartung ist einfach und relativ günstig, selbst die Inspektionspreise beim Freundlichen sind relativ fair, wenn man das mal in Anspruch nehmen möchte, mangels Zeit, Willen oder Talent. Von den neueren Modellen kann ich das natürlich nicht hands-on sagen, aber in den einschlägigen Foren findet sich wenig Negatives. Der Verbrauch der neueren Einspritzer soll laut Datenblatt noch unter dem der Vergaser-SHs liegen, aber ich bin mir recht sicher, dass sich diese Unterschiede von ca. 0,3L/100km mit der rechten Hand problemlos nivellieren lassen. Mein Altplastik verbraucht zwIschen 2,8 und 3,5L/100km, je nachdem was ich damit so mache.

SH150i (leider kein eigenes Bildmaterial. Copyright © 2015 Honda Motor Europe Ltd. All Rights Reserved)
Beim Aufsteigen auf den 2015er SH 150i fühlt sich eigentlich alles an wie beim alten SH125, nur mehr Blinkeblinke im Cockpit. Wir haben hier eine Start/Stop-Automatik und ABS. Von vorne gibt es auch mehr zu sehen, beziehungsweise, mehr zum Gesehenwerden: Tagfahrlicht ab Werk in einem ordentlichen Design. Die Start/Stop-Automatik arbeitet ohne wahrnehmbare Verzögerung. Wie viel sie im Alltag an Einsparungen tatsächlich bringt kann ich nicht sagen, aber per se ist der Wunsch eines Herstellers zur Emmissionsvermeidung ein guter. Man erkauft sich diese Möglichkeit durch den Einsatz von mehr Blei (Batterie mit höherer Kapazität) und etwas mehr Kupfer (kombinierter Anlasser-Lichtmaschine mit entsprechender Leistung).
Die ABS-Leuchte wollte erst einmal an bleiben, berappelte sich aber nach einer Runde über den Hof. Wie gut oder schlecht das ABS seinen Dienst tut, kann ich nicht beurteilen. Es waren 1A Straßenverhältnisse. Zumindest in diesem Fall konnte man, bei Geradeausfahrt, jederzeit beherzt die Hebel Richtung Griffe ziehen ohne groß Angst haben zu müssen, dass man absteigt. Für alles andere müsste ich das im Marketingsprech eines anderen Hersteller Durchstiegsmotorrad genannte Fahrzeug mal bei ordentlichem Mistwetter bewegen.
Worin sich der niegelnagelneue SH150i und der alte SH125 leider auch nicht unterscheiden ist in der Kurvenfahrt. Bei höheren Geschwindigkeiten (so ca. ab 90) fühlt sich die Fuhre in der Kurve latent wackelig an. Das ist genau so schade wie die Federung hinten, die den Straßenzustand recht ungefiltert weiter gibt. Schlaglochhüpfen. Ich dachte immer, das sei eine Ermüdungserscheinung nach 10+ Jahren, aber das nagelneue Fahrwerk des 150i ist tatsächlich nur um vernachlässigbar kleine Werte besser als mein Alltagsuntersatz. Die 25ccm mehr, die der Name vermuten lässt, spürt man ab 80km/h bergauf zumindest nicht: es ist zäh wie eh und je.
Nach dieser etwas ernüchternden ersten Expansion nach oben und in die relative Zukunft, stieg ich ohne große Erwartungen auf den SH300i. Das war wohl noch das Vorgängermodell, jedenfalls war das Gefährt frei von Start/Stop-Automatik. Macht nichts. Dann die Überraschung: wo sich der SH150i und der SH125 wackelig anfühlen, schlägt sich der SH300i völlig souverän. Ich bin ein bisschen Fan. Völlig stabiles Gefühl in der Kurve, fährt sich wie ein ordentliches Mopped, modulo Gummibandeffekt durch den Variator. Stattdessen ein DCT und alles ist gut. Bevor jetzt jemand den Namen Integra in den Raum wirft: keine Ahnung, der war nicht in A2-leistungsbeschränkt verfügbar.
Hätte ich anders gemacht, das Teil ist doch eigentlich in der comfort zone der A2-Zielgruppe. Aber vermutlich braucht der 40kW-Integra keine Presse in der A2-Zielgruppe, da die Presse des 35kW-Integra ja in Summe doch ziemlich gut war. Anyway: in Hondas Welt der „echten“ Roller habe ich auf jeden Fall einen gefunden, von dem ich denke, dass er so gut ist, wie ein Roller eben werden kann, und das ist der SH300i.
Ich bin leider nicht dazu gekommen den neuen Forza 125 zu fahren, aber ich war mit dem SH300i direkt dahinter und es war wider Erwarten nicht wirklich nervig, trotz der Leistungsdiffererenz. Der Forza zog sehr ordentlich weg bis er auf leichtem Gefälle bei rund 120km/h in den Begrenzer lief. Nicht übel für einen 125er. Hier ist also nicht nur das Plastik anders, als bei SH und Konsorten. Was das Plastik angeht, hätte etwas Zuückhaltung nicht geschadet. Der Forza wirkt breit, fast unhandlich für dichten Stadtverkehr, lane-splitting adieu.
Bleibt noch eines: warum, Honda, ist es so schwer ein Helmfach zu bauen, das den Namen auch verdient? Einen Integralhelm haben wir weder in den Forza, noch in einen der altbekannten Verdächtigen hineinbekommen. Auf Gewalt wurde im Interesse der eigenen Sicherheit verzichtet.
Die technischen Daten von SH150i, SH300i und Forza finden sich bei Leuten, die es wissen sollten.
Disclaimer: Oliver Franz von Honda Deutschland war so freundlich mich einladen zu lassen und hat dafür gesorgt, dass nur mein Pseudonym auf dem Badge auftaucht. Danke für beides. Honda hat mich außerdem mittags mit Kroketten, Salat und Eis abfüllen lassen, weshalb ich bei der Beurteilung sportlicher Sitzpositionen am Nachmittag möglicherweise kritischer war, als am Vormittag. Reisekosten etc. gingen auf meine Kappe.